Wie erwartet wartete Mara auf die fertige Waffe. Also machte sich der Schmied sofort an die Arbeit und kam kurz darauf mit dem neuen Schaft zurück, um sie nach ihrer Meinung zu fragen. Und offenbar hatte er direkt einen Volltreffer gelandet. Perfekt war schon ein sehr eindeutiges Wort. Ein selbstzufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen. Bevor er jedoch das Holz wieder entgegennahm, zeigte er zwei Bereiche mit den Händen an. „Die Ledergriffe hätte ich jetzt in diese Bereiche gemacht. Passt das oder noch etwas höher oder tiefer? Du musst schließlich damit glücklich sein.“ Der eine zukünftige Griff, lag ungefähr auf der Höhe der Hand, mit dem die Halbgöttin den Schaft festhielt, daher streifte Olaf versehentlich die Finger um das Holz, beim zeigen der Bereiche.

Ich konnte gerade so verhindern, zusammenzuzucken, als Olaf mir die Griffstellen am Holzschaft zeigte. Meine Finger kribbelten an der Stelle, an der er sie berührt hatte, und ich senkte schnell den Blick auf den Speer, damit er mir nichts anmerkte. Ich probierte die Stellen aus, die Olaf mir für die Ledergriffe gezeigt hatte, und konzentrierte mich ganz darauf, wie sich diese anfühlten. "Ich glaube, das müsste passen", bestätigte ich ihm. Zwar änderte ich im Kampf ab und zu auch meinen Griff, aber grundsätzlich lagen meine Hände überwiegend an denselben Stellen. Ich reichte ihm mit einem leichten Lächeln den Speer zurück.

Olaf bekam vom Unbehagen der Frau nichts mit, da es hier um fachliches ging und auf mehr achtete er gerade kaum. Seine Vermutung zur Positionierung der Griffe traf auf Zustimmung. Doch zuerst musste er sich um die Spitze kümmern. „Halt den Schaft mal noch kurz fest.“ kam knapp die Aussage und er wandte sich dem Feuer zu. Der Blasebalg wurde noch zweimal betätigt, bevor die Spitze kurz aus dem Feuer genommen wurde, auf einer Steinplatte in eine kleine Kuhle gestellt wurde und die kleine Schale mit geschmolzener himmlischer Bronze an einer langen Stange mit dazunahm. Er wollte die Spitze nun noch etwas größer machen und dafür brauchte er halt Material.
Das heiße Metall war eigentlich für seinen Schild gedacht gewesen, aber Olaf braucht auch nicht viel und konnte sich später noch mehr davon einschmelzen. Die Spitze bekam nun einen leichten Überzug, die Schale wandert zurück ins Feuer und das immer noch gelb glühende Stück Bronze wurde mit einer Zange zum Amboss gebracht und dort mehrfach kräftig mit dem Hammer bearbeitet. Die gleichen Metalle sollten sich schließlich verbinden. Dann kam die Spitze zurück ins Feuer, noch fünf mal den Blasebalg betätigen und dann wieder zu Mara. „Ähm, es könnten vielleicht ein kleines bisschen mehr als 5 Minuten werden, ist das schlimm?“
Ein teils schelmisches, teils verunsichertes Grinsen überzog sein Gesicht, während die linke Hand leicht nervös durchs wirre Haar fuhr. „Ich mach aber schon mal deinen Schaft fertig, da die Spitze erst wieder heiß werden muss. Wenn du willst kannst du mir auch helfen.“ Das Feuer ließ seine Augen wie kleine eigenständige Feuer im Licht glänzen, als er die Hand zu Mara ausstreckte, um den Schaft wieder zurückgereicht zu bekommen.

Ich klammerte mich an meinem Speer fest, froh, diesmal etwas zum Festhalten zu haben, während ich doch etwas neugierig beobachtete, was Olaf so trieb. Es sah auf jeden Fall recht aufwendig aus, wie er an meiner Speerspitze arbeitete. Ich trat vorsichtig ein wenig näher, um mehr sehen zu können, wobei ich darauf achtete, nicht im Weg zu stehen. Schließlich wandte sich Olaf wieder an mich, und ich schüttelte schnell den Kopf. "Nein, alles gut", versicherte ich ihm. Sein Grinsen löste etwas in mir aus, das ich nicht zuordnen konnte, und während ich noch darüber nachdachte, brachten mich seine nächsten Worte vollkommen aus dem Konzept. Verdutzt blinzelte ich zu ihm hoch, und vergaß für einen Moment, zu antworten, weil sich mein Blick an seinen Augen verfing. Jetzt war ich mir sicher, dass er ein Sohn von Hephaistos sein musste, anders ließ es sich für mich nicht erklären, wie seine Augen das Licht der Flammen so einfangen konnten. "Ähm...", fiel mir schließlich wieder ein, dass er auf eine Antwort wartete. Schnell sah ich zur Seite, und versuchte, mir meine Verlegenheit nicht zu deutlich anmerken zu lassen. "Ich helfe dir gerne, wenn ich dir dabei nicht im Weg bin oder so."

Das es etwas länger als angekündigt dauern dürfte, schien nicht zu stören, sehr gut. Und die mögliche Hilfe wurde ebenfalls gewährt, auch wenn es so schien, dass das aufgrund der Pause etwas überlegt werden musste. So konnten sie sich nun gemeinsam an die Arbeit machen. „Du kannst den Blasebalg… äh, machen? Kann man das so sagen?“ Worte waren nicht unbedingt Olafs Stärke. Aber Taten schon eher, also ging er zum Blasebalg und zeigte, was sie machen sollte. „So ist die Spitze schneller warm, dann sind wir hier auch eher fertig.“ Mit den Schaft in der Hand begab der Halbgott sich anschließend auf die Suche nach guten Lederbändern für den Griff und wurde auch schnell fündig. Ordnung war schon was tolles, zumindest, wenn man sie durchschauen konnte.
Schaft und Lederband wurde dann auf eine Bank geparkt. Die Spitze musste aus dem Feuer. „Reicht erst mal.“ sagte er kurz zu Mara. Dann folgte wie vorhin eine intensive Bearbeitung der Bronze und dann die Rückkehr ins Feuer. Noch schnell eine Schaufel Kohle mit obendrauf und dann das Zeichen an die Frau, jetzt weitermachen zu können. Dann nahm er wieder den Schaft und machte sich mit den Lederbändern ans Werk.

"Bedienen?", schlug ich als alternatives Wort vor und folgte Olaf zum besagten Blasebalg. Bei Olaf hatte es sehr einfach ausgesehen, ich fürchtete allerdings, dass es für mich deutlich anstrengender werden würde, denn so viel Kraft wie er hatte ich wohl nicht, auch wenn ich dank meiner Herkunft immer noch überdurchschnittlich stark war. Trotzdem nickte ich auf Olafs Worte hin nur und versuchte es einfach mal. Es ging erstaunlicherweise, zwar war es anstrengend, aber sicher für eine Weile machbar für mich. Hier am Feuer war es allerdings auch deutlich wärmer, und als Olaf schließlich kam und meinte, dass es reichte, war ich doch ziemlich erleichtert, eine Pause machen zu können. Neugierig beobachtete ich, was Olaf tat, und auch als er mich aufforderte, weiterzumachen, folgte ich seinen Handgriffen mit meinen Blicken, während ich den Blasebalg weiter betätigte.

Maras Wortvorschlag klang wirklich gut. „Ja. Blasebalg bedienen. Da wäre ich glaube nicht drauf gekommen.“ Worte waren nun mal nicht seine große Stärke und jemanden zu haben, die dann auch noch gute Vorschläge machte, war doch perfekt.
Zuerst wurde jedoch weitergearbeitet. Einige Hammerschläge später, war sich Olaf sicher, dass die Bronze nun eine gemeinsame Masse war. Allerdings war sie schon wieder zu kalt, um die richtige Form gleich noch zu hämmern, also zurück ins Feuer. Als Mara auf sein Zeichen hin weiter Luft ins Feuer blies, bekam sie einen Daumen hoch mit einem Lächeln dafür. Anschließend kümmerte sich der Halbgott um den Schaft. Die Lederbänder wurden stramm an den Griffstellen befestigt und würden dort zukünftig eine gute Arbeit verrichten.
Nun war die Spitze jedoch wieder heiß genug. „Kannst jetzt aufhören, die muss nicht noch mal ins Feuer. Danke für die Hilfe.“ Ein weiteres kurzes Lächeln, aber sofort konzentrierte der Schmied sich auf die Arbeit. Die Spitze nahm nun wieder ihre eigentlich Form an, so gut das mit dem Hammer halt ging. Den interessierten Blick von Mara bemerkend, machte er einen Schritt weiter um den Amboss, um ihr einen besseren Blick zu ermöglichen. Anschließend kam die noch recht heiße Bronze ins Wasser, um die nötige Härte zu erhalten und letztendlich noch schnell am Schleifbock ordentlich die Kanten schärfen. Das klappte auch sehr gut, denn beim Prüfen der Schärfe schnitt Olaf sich in den Finger, beachtete das aber nicht weiter, sondern wischte sich kurz das Blut an der Hose vom Finger und testete mit der anderen Hand die übrigen Kanten. Dann nickte er zufrieden.

Ich freute mich darüber, dass Olaf meinen Vorschlag annahm, und arbeitete mit einem Lächeln weiter. Auf Dauer wäre so eine Arbeit in der Schmiede nichts für mich, aber für den Moment fand ich es recht interessant, mit Olaf zusammen daran zu arbeiten. Als er mir bedeutete, aufzuhören, trat ich ein paar Schritte zurück und beobachtete aufmerksam, wie er weiter vorging. Mir fiel auf, dass er mir extra die Sicht freimachte, und ich warf ihm ein schüchternes Lächeln zu, ehe ich vorsichtig ein wenig näher trat. Als sich Olaf mit ihrer Speerspitze in den Finger schnitt, keuchte ich auf. Er beachtete es allerdings nicht weiter, und nach kurzem Zögern räusperte ich mich. "Du... Du hast dich da verletzt", wies ich ihn hin.

Maras Lächeln gefiel Olaf. Es wirkte einfach nach einer ehrlichen Gesichtsregung zu ihrem inneren Befinden. Auch das Interesse der anderen Halbgöttin entging ihm nicht. Ihre zurückhaltende, aber neugierige Art machte das Arbeiten noch angenehmer.
Dann war die Spitze endlich fertig. Der kleine Schnitt im Finger interessierte den Halbgott zwar nicht, erschreckte aber seine kleine Helferin. Ihr so verlegener und schüchterner Hinweis ließ den Breitschultrigen tatsächlich grinsen. „Halb so schlimm, das wird schon wieder heilen.“ winkte er das Ganze einfach ab. Das frisch hervorgequollene Blut wollte er dann aber nicht schon wieder an der nicht ganz sauberen Hose abwischen und den Schaft wollte er auf gar keinen Fall blutig werden lassen. Also zog er ein einigermaßen sauberes Taschentuch hervor und wickelte den Finger darin ein.
Jetzt konnte er sich endlich mit der endgültigen Fertigstellung beschäftigen, wenn nichts weiter dazwischen kam.

Ich wusste natürlich, dass Halbgötter widerstandsfähiger waren als Sterbliche und besser heilten, trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil mein Speer Olaf verletzt hatte. Und bei der Umgebung hier kamen alle möglichen Gedanken an Blutvergiftungen hoch. Doch Olaf schien es locker zu nehmen, und ich traute mich nicht, etwas zu sagen. Also beobachtete ich ihn nur stumm weiter bei seiner Arbeit.

Nun musste nur noch die Spitze auf dem Schaft befestigt werden und schon war das Ganze wieder eine einsatzbereite Waffe. Nur war sie jetzt besser an die Körpergröße von Mara angepasst und die Spitze war wieder die wie sie sein sollte, nämlich ohne irgendwelche Scharten und Risse. Waagerecht über die ausgestreckten Hände gelegt, wurde nun das Ergebnis präsentiert. „Bist du damit zufrieden oder soll noch was gemacht werden? Kannst ihn ja auch erst mal ausprobieren. Musst du ja nicht alles sofort entscheiden. Wenn noch was ist, wirst du mich finden. Weit bin ich ja nie weg.“ Olaf lächelte etwas verlegen. Dieser Blumenduft machte mit ihm irgendetwas, dass er nicht so recht einordnen konnte. Und sei es nur, dass er es nicht gewohnt war, in dieser heißen, eisenhaltigen Umgebung den Duft von blühenden Blumen in der Nase zu haben.

Als Olaf mir den Speer hinhielt, nahm ich ihn vorsichtig entgegen. Er fühlte sich ungewohnt an, aber ich merkte gleich, dass er nun deutlich besser austariert war, und die größere Reichweite wäre sicher auch nützlich. Vorsichtig fuhr ich über die Speerspitze, die jetzt deutlich glatter wirkte. Auf seine Bemerkung hin machte ich ein paar vorsichtige, raumsparende Kampfübungen, und musste unwillkürlich lächeln, als ich merkte, wie viel flüssiger die Bewegungen nun gingen, da der Speer das richtige Gewicht und die richtige Länge für mich hatte. "Er ist super, danke!", meinte ich zu Olaf, deutlich überschwänglicher, als er mich bisher erlebt hatte, und verbreitete dabei einen deutlichen Gardenien-Duft um mich herum. "Werde ich", bestätigte ich und zögerte dann kurz. "Und wenn du etwas brauchst... Ich baue Pflanzen an, und mache giftige Samenbomben, wenn du so etwas zum Kämpfen gebrauchen kannst. Oder Gift für eine Waffe brauchst." Weil mir auffiel, dass ich klang, als würde ich alle um mich herum vergiften wollen, fügte ich schnell hinzu: "Und mit Gegengiften kenne ich mich auch aus. Zumindest, wenn es sich um Pflanzen handelt."

Der Speer schien Mara zu gefallen. Offensichtlich war der Duft, der die Schmiede gerade erfüllte, ein erfreulicher, zumindest hoffte er das.
Was dann die Angebote von der Halbgöttin anging, wusste er nun nicht so recht, wie er darauf regieren sollte. „Ähm, Pflanzen… Das klingt doch schön.“ Olaf hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie er denn nun Pflanzen verwenden sollte. Schon mal ein vergiftetes Schild gesehen? Aber es sprach an sich auch nicht unbedingt etwas dagegen. „Naja, wenn du willst, kann ich sie mir ja mal ansehen.“ gab er dann etwas verloren von sich, weil ihm sonst nichts einfiel, aber auch nicht Mara ins Gesicht sagen wollte, dass er mit sowas schlichtweg nichts anfangen konnte. Aber das konnte sich ja auch ändern, schließlich hatte er ja nun eine Pflanzenexpertin, die ihn zu allem beraten konnte und vielleicht waren da wirklich tolle Kombinationen möglich.

Ich hatte das Gefühl, dass Olaf nicht ganz so überzeugt von meinem Vorschlag war, und meine Begeisterung wich Unsicherheit. Hatte ich jetzt etwas falsch gemacht? Gleich darauf stimmte er meinem Vorschlag zwar zu, wirklich überzeugt klang er dabei aber nicht. "Du musst auch nicht", versicherte ich ihm schnell. "Ich dachte mir nur, vielleicht kannst du ja was davon gebrauchen. Naja... Man weiß ja nie, was einem da draußen begegnet." Und Olaf war schließlich ein Kind eines der Hauptgötter, er hatte in der Welt der Sterblichen vermutlich noch einmal mehr Schwierigkeiten als ich.

Die Antwort schien Mara zu verunsichern. Olaf wusste zwar nicht warum, aber vielleicht sollte er einfach mehr auf sie eingehen. Schließlich war er immer noch nicht so lange hier im Camp. Man muss ja auch versuchen, dass man nicht nur für sich allein war und wenn ihm das hier so angeboten wurde, warum nicht. „Nein nein, alles gut. Hast du jetzt noch was vor? Ansonsten mach ich halt später weiter und du kannst mir erst noch deine Blumen zeigen.“ Es war immerhin richtig, was sie da sagte. Da draußen gab es genug böses, dass wusste Olaf nur zu genau, daher war eine Wissenserweiterung vielleicht nicht schlecht. Auch wenn er nicht sagen konnte, ob er sich irgendwas davon merken würde. Oder ob er so bald wieder da raus gehen würde.